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Der Fielmann Ratgeber:

Anisometropie: Unterschiedliche Fehlsichtigkeit der Augen

Weichen die beiden Augen in ihren Korrektionswerten voneinander ab, spricht man von einer Anisometropie – auch Ungleichsichtigkeit genannt. Im Folgenden erhalten Sie umfassende Informationen zu Symptomen, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.

Artikel wurde von Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Grein geprüft

Auf einen Blick

  • Bei einer Anisometropie sind die beiden Augen unterschiedlich fehlsichtig.  

  • Das Gehirn muss unkorrigiert unterschiedlich scharfe und unterschiedlich große Bilder verarbeiten, was zu Kopfschmerzen und Augenmüdigkeit führen kann. 

  • Ursachen sind entweder unterschiedliche Brechwerte von Linse und Hornhaut in beiden Augen (Brechwertanisometropie) oder unterschiedlich lange Augäpfel (Längenanisometropie). 

  • Korrigiert wird mithilfe von Brillen, Kontaktlinsen oder operativen Eingriffen. 

  • Bei höheren Anisometropien stellen Kontaktlinsen die bevorzugte Behandlungsmethode dar. 

Was versteht man unter Anisometropie?

Liegt eine Anisometropie vor, unterscheiden sich die Korrektionswerte des rechten und linken Auges. Dabei kann die Fehlsichtigkeit beider Augen unterschiedlich stark ausgeprägt sein – zum Beispiel sind beide Augen kurzsichtig, jedoch das eine mit –1,0 Dioptrien und das andere mit –4,0 Dioptrien. Es kann aber auch vorkommen, dass ein Auge weitsichtig und das andere kurzsichtig ist. 

Die Stärke der Abweichung wird in Dioptrien (dpt) angegeben. Der Wert beschreibt die Differenz der Brechkraft zwischen den beiden Augen. Eine geringe Differenz von etwa 0,5 dpt ist häufig und gilt als unbedenklich. 

Ab einer Abweichung von etwa 2,0 dpt oder mehr können jedoch visuelle Probleme auftreten, etwa Schwierigkeiten beim beidäugigen Sehen oder eine stärkere Belastung der Augen. 

Symptome bei ungleicher Fehlsichtigkeit

Unkorrigiert führt eine Anisometropie dazu, dass auf den beiden Netzhäuten unterschiedlich scharfe Bilder entstehen. Dies stellt eine Herausforderung für das Gehirn dar, da es versucht, die beiden ungleichen Seheindrücke zu einem einheitlichen Bild zu verarbeiten. 

Durch eine optische Korrektur mit Brille oder Kontaktlinsen können die Bilder zwar wieder gleich scharf abgebildet werden. Allerdings kann es aufgrund des Zusammenspiels von Brechkraft und Augenlänge zu unterschiedlich großen Netzhautbildern kommen. Dieser Effekt wird als Aniseikonie bezeichnet und stellt für viele Betroffene die größere Herausforderung dar. 

Das Gehirn muss die unterschiedlich großen Bilder beider Augen miteinander verschmelzen, um räumliches Sehen zu ermöglichen. Dies gelingt häufig nur eingeschränkt und kann zu Doppelbildern oder einer erhöhten Sehanstrengung führen. Typische Beschwerden sind Kopfschmerzen, Augenmüdigkeit und sehen von Doppelkonturen. 

Mit zunehmender Stärkendifferenz zwischen den Augen nehmen diese Symptome in der Regel deutlich zu. 

Ursachen einer Anisometropie

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen der Anisometropie: 

  • Brechwertanisometropie 

  • Längenanisometropie 

Das optische System des Auges besteht im Wesentlichen aus Hornhaut und Linse, die gemeinsam die Hauptanteile der Brechkraft bilden. 

Bei der Brechwertanisometropie entsteht der Unterschied zwischen beiden Augen durch abweichende Brechwerte dieses optischen Systems. Ist die Brechkraft zu stark, wird das Bild vor der Netzhaut fokussiert – das Auge ist kurzsichtig (myop). Ist die Brechkraft zu schwach, fällt der Brennpunkt hinter die Netzhaut – das Auge ist weitsichtig (hyperop). 

Die Längenanisometropie beruht hingegen auf unterschiedlichen Achslängen der beiden Augen. Ist der Augapfel zu lang, liegt der Brennpunkt vor der Netzhaut, das Auge ist kurzsichtig. Ist der Augapfel zu kurz, fällt der Brennpunkt hinter die Netzhaut, was zu einer Weitsichtigkeit führt. 

In beiden Fällen entsteht die Anisometropie dadurch, dass die Lichtstrahlen in beiden Augen unterschiedlich weit von der Netzhaut entfernt gebündelt werden. 

Eine besondere Form der Anisometropie tritt beim Astigmatismus (auch Hornhautverkrümmung genannt) auf. Sind die Krümmungsradien der Hornhaut in senkrechter und waagerechter Richtung stark unterschiedlich, entstehen unscharfe Netzhautbilder, die in einer Richtung – beispielsweise senkrecht – schärfer sind als in der anderen. Durch eine optische Korrektur lässt sich ein insgesamt einheitlich scharfes Bild erzeugen, das jedoch gestreckt oder gestaucht erscheinen kann. Passen die Bilder beider Augen in ihrer Form nicht exakt zusammen, treten erneut die typischen Beschwerden wie Sehanstrengung, Kopfschmerzen oder Doppelbilder auf. 

Korrektionsmöglichkeiten bei ungleicher Fehlsichtigkeit

Zur konventionellen Korrektur einer Anisometropie können Brillen oder Kontaktlinsen eingesetzt werden. Grundsätzlich stehen auch operative Verfahren als Alternative zur Verfügung. 

Ob eine Brille oder eine Kontaktlinse die bessere Wahl ist, hängt von der Art der Anisometropie ab. Aus theoretischen Überlegungen heraus sind Brillen eher bei Längenanisometropien zu bevorzugen, während Kontaktlinsen bei Brechwertanisometropien die bessere Lösung erwarten lassen. 

In der praktischen Versorgung spielen jedoch viele individuelle Faktoren eine Rolle. Das Gehirn ist erstaunlich anpassungsfähig und kann ungleiche Seheindrücke oft gut verarbeiten. Viele Menschen mit deutlicher Anisometropie zeigen daher keine oder nur geringe Beschwerden, da das visuelle System die Bildunterschiede bis zu einem gewissen Grad kompensieren kann. 

Treten jedoch Symptome wie Doppelbilder, Sehanstrengung oder Kopfschmerzen auf, kann der Augenoptiker die wahrgenommenen Bildgrößenunterschiede bei der Korrektur mit Brille oder Kontaktlinse messen und auf dieser Grundlage die geeignete Korrektionsmethode festlegen. Bei größeren Brechungsdifferenzen von mehr als etwa 4,0 Dioptrien ist eine Kontaktlinse in der Regel die bessere Option, da sie Bildgrößenunterschiede zwischen den Augen deutlich reduziert. 

Neben optischen Aspekten spielt auch das Erscheinungsbild eine Rolle. Brillengläser für Kurzsichtigkeit lassen das Auge kleiner erscheinen, während Gläser gegen Weitsichtigkeit das Auge optisch vergrößern. Dadurch kann für Außenstehende ein sichtbarer Unterschied zwischen den Augen entstehen. Auch Gewichtsunterschiede der Gläser können störend wirken, sind jedoch bei modernen Kunststoffgläsern meist vernachlässigbar. 

Für Erwachsene besteht zusätzlich die Möglichkeit einer operativen Korrektur, beispielsweise durch Augenlaser-Verfahren. Bei Kindern wäre ein solcher Eingriff zwar theoretisch denkbar, gilt jedoch als umstritten und wird in der Regel nicht empfohlen. 

Anisometropien bei Kindern

Treten ungleiche Korrekturwerte beider Augen bereits in den ersten Lebensjahren auf, ist eine sorgfältige und frühzeitige Korrektion besonders wichtig. Erhält ein Auge über längere Zeit nur ein unscharfes Bild, kann es den Sehvorgang nicht richtig erlernen und sich nicht ausreichend entwickeln. Die daraus entstehende einseitige Sehschwäche, auch Amblyopie genannt, lässt sich im späteren Leben nicht mehr beheben. Das betroffene Auge bleibt dauerhaft in seiner Sehfähigkeit eingeschränkt und bleibt somit zeitlebens sehschwach. 

Nützliche Anisometropien

Nicht immer stellt eine Anisometropie ein Problem dar – im Gegenteil: Manche Menschen besitzen ein rechtsichtiges und ein leicht kurzsichtiges Auge (etwa –2 bis –3 Dioptrien) und sind seit jeher daran gewöhnt. In solchen Fällen übernimmt das rechtsichtige Auge überwiegend das Sehen in der Ferne, während das kurzsichtige Auge für die Nähe genutzt wird. Auf diese Weise können Betroffene oft bis ins hohe Alter ohne Lesebrille auskommen. Man spricht in diesem Zusammenhang von Monovision. Diese Sehweise wird im Bereich der Sehkorrektion mit Kontaktlinsen oder Intraokularlinsen auch gezielt herbeigeführt, um den gleichen Effekt zu erzielen. 

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